|
Von
Nachtläufern, Walvoyeuren und Gipfelstürmern
Lauf- u. Abenteuerreise des LT Teublitz in das Land der Wikinger, Fjorde
und Mitternachtsonne vom 15. bis 21. Juni
Natürlich
haben wir alle unseren Stammchronisten Jackl Jobst bei dieser Reise
nach Tromsoe in Nordnorwegen schmerzlich vermisst,
wo er doch so ein naturverbundenen Mensch ist und gerade Norwegen ein
Synonym für intakte Natur und großartige Landschaften ist.
Ich versuche mein bestes, als Chronist bei dieser Reise in die Presche
zu springen, und hoffe, dass mir dies gelingen wird.
Aber warum verlässt eine Laufgruppe freiwillig unseren Breitengrad
bei angenehmen Junitemperaturen von über +25 ° Celsius, um
nach vier Flugstunden Richtung Norden jenseits des Polarkreises bei
ungemütlichen +8 Grad Celsius, Regen und Wind aus dem Flieger in
Tromsoe zu steigen.
Dafür muss es aber schon trifftige Gründe geben, die ein solches
Vorhaben, das wiederum zum Höhepunkt des Jahres zählen soll,
rechtfertigen. Und diese Gründe gab es tatsächlich.
Um es vorwegzunehmen: nicht nur das Wetter wurde täglich besser,
sondern das Reiseunternehmen erfuhr eine Steigerung von Tag zu Tag.
Was hat es also mit dem „Kaff“ Tromsoe auf sich, wo liegt
es und warum war es für uns Läufer als Reiseziel so interessant?
Tromsoe liegt am Europäischen Nordmeer, nur 2000 km vom Nordpol
entfernt und über 300 km jenseits des Polarkreises. Hier treffen
die schroffen, dunklen und schneebedeckten Gipfel der Lyngsalpen auf
die grünen Wiesen an den Fjorden und die nackten Inseln draußen
im Nordeismeer liegen im Sommer mitten im Nordlichtgürtel unter
der Mitternachtssonne und im Winter im blauen Licht der Polarnächte.
Umgeben von spitzen Gipfeln bis zu 1833m Höhe, von rauschenden
Flüssen und blauen Gletschern, von Klüften, Schluchten und
sanft bewaldeten Hügeln wird die Metropole von Troms, die mit 63.000
Seelen eine der am schnellsten wachsenden Städte Norwegens ist.
Hier sieht man fast nur junge Leute mit Kindern und kaum ältere
Bewohner. Dies bestätigte auch unsere Reiseführerin Lena.
Näheres über die Stadt Tromsoe, die 1794 gegründet wurde,
konnten wir am nächsten Tag bei einer Stadtrundfahrt von unserer
netten Reiseführerin erfahren. Interessant für uns Deutsche
waren die Klimawerte. Hier sind die Sommer kühl (im Juli +12 °
Celsius im Durchschnitt) und die Winter wegen dem Einfluss des Golfstromes
mild (-4,4 ° Celsius durchschnittlich im letzten Jahr).
Den letzten Hitzerekord gab es hier 1972 mit + 30 ° C und es kann
schon mal vorkommen, dass im August Schnee fällt. Einen Rekord
diesbezüglich gab es 1997, als der Schnee bis zu 2,4 m hoch war.
Tromsoe befindet sich in der Nordlichtzone. Zu diesem Thema gibt es
eine eigene Nordlichtausstellung, ein Nordlichtobservatorium und ein
Forschungszentrum. Geprägt ist diese Stadt auch von den Eismeerjägern
und den weltberühmten Polarforschern Roald Amundsen (1872-1928)
und Fridtjof Nansen. Alle Expeditionen wurden von Tromsoe aus gestartet.
Das einzigartige Polarmuseum wurde 1978, auf den Tag genau 50 Jahre
nach dem Flugzeugabsturz von Roald Amundsen, zu seinem Gedenken eröffnet.
Neben dem Leben und den Expeditionen dieses bekanntesten Polarforschers
Norwegens kann man etwas über den Robbenfang, die Pelztierjagd,
den Polarfuchsfang und die Rentierjagd in der Arktis erfahren. Will
man etwas über die Tierwelt in der Arktis oder zum Thema Polargebiete
wissen, so ist man im POLARIA Museum bestens aufgehoben. Als Einstieg
wird ein faszinierender 20-minütiger Panoramafilm über Spitzbergen
(Svalbard) gezeigt. Wir fühlten uns hautnah als Wanderer in der
polaren Szenerie unter dem Nordlicht und die arktische Wildnis um uns.
Danach bestaunten wir in einem riesigen Aquarium Robben und andere Meerestiere.
Eine weitere Attraktion ist das Glasbodenbecken mit Robben, die man
von unten beobachten kann. Eine Robbenfütterung beschloss dann
diesen eindrucksvollen Museumsbesuch
Zurück zum Stadtrundgang: 1972 wurde in Tromsoe die nördlichste
Universität der Welt gegründet. Mit 6.500 Studenten zählt
die Universität zu einem der größten Arbeitgeber der
Stadt. Das Universitätsmuseum bietet die größte Ausstellung
Norwegens über die Samische Kultur. Die Geschichte und das Leben
dieses Volkes wurden von unserer Reiseführerin detailliert erklärt,
die selbst Samische Vorfahren hat Außerdem beeindruckten beachtliche
Exponate aus der Steinzeit, Wikingerzeit und des Mittelalters die Teublitzer
Lauffreunde.
Es gibt nur zwei Fischerei-Hochschulen in der Welt, eine davon in Tromsoe.
Und auch die nördlichste katholische Kirche der Welt mit Bischofsitz
steht hier. Weltweite Aufmerksamkeit erfuhr dieser Ort, als Papst Johannes
Paul II diese Stiftskirche im Jahre 1989 besuchte.
Ein Highlight bei der Stadtrundfahrt war die Besichtigung der Eismeerkathedrale,
die 2 km östlich vom Stadtzentrum am Auslauf der Tromsoe-Brücke
auf dem Festland liegt. Das Dach der Kirche symbolisiert die Art, wie
das Nordlicht Tromsoes dunkle Winternächte erhellt. Die einzigartige
Westwand der Kathedrale besteht ganz aus Buntglasfenstern. Die Damen
unserer Laufgruppe konnten einem Konzert in dieser wunderschönen
Kirche beiwohnen, von dem sie restlos begeistert waren.
Samstag war dann der Lauftag des sogenannten Mitternachtssonnen-Marathons.
Nachdem der Startzeitpunkt für den Halbmarathon erst auf 22:30
Uhr festgelegt war, galt es die freie Zeit tagsüber zu überbrücken.
Auf dem langen Weg von unserem „Scandic Hotel“ in Flughafennähe
zum Stadtzentrum, das auf der Insel liegt, bewunderten wir die Vielfalt
des arktisch-alpinen botanischen Gartens. Von Mitte Mai bis Oktober
blühen hier im nördlichsten botanischen Garten der Welt Tausende
von arktischen und alpinen Pflanzen. Der Umweg ging zwar leicht in die
Beine, aber hatte sich doch gelohnt. Der 7 km lange Fußmarsch
ins Stadtzentrum signalisierte aber auch, dass ein Einlaufen vor den
Halbmarathon nun nicht mehr notwendig war.
Die große Frage vor dem Lauf war, wie ziehe ich mich an: lang,
halblang oder kurz? Angenehme 8° Celsius und wenig Wind unmittelbar
vor dem Start erleichterten die richtige Entscheidung eines jeden Einzelnen.
Beim Start am Kulturhaus fanden sich 300 Halbmarathonläufer ein.
Die Marathonläufer waren zu diesem Zeitpunkt schon zwei Stunden
unterwegs. Eine Aufwärmgymnastik kurz vor dem Start heizte den
Läufern richtig ein.
Endlich fiel der Startschuss.
Als erster Teublitzer stürmte Hans Nuber nach vorne und nach einer
Innenstadtschleife ging es an der Küste entlang hinaus Richtung
unseres Hotels. Das ehrgeizige Seniorentrio über 50 Merl, Kraus
und Huber lieferte sich ein spannendes Rennen. Das Trio ergänzte
auch Willi Köppl, der sich einiges vorgenommen hatte. Charly Münzel,
auch über 50, folgte mit Abstand. Lisa Huber, Georg Süß
und Angelika Huber liefen locker ihr eigenes Rennen dahinter und genossen
den Lauf in vollen Zügen. Die wellige Wendepunktstrecke forderte
besonders auf dem Rückweg zum Ziel nochmals besondere Kraftanstrengungen.
Hans Nuber lief souverän und unangefochten als erster Lauftreffler
ins Ziel. Als Gesamt-13., schnellster Deutscher und dritter in der M45
schnitt Hans Nuber glänzend ab und war mit seiner Leistung hochzufrieden.
Nach einer großen Energieleistung hielt Willi Köppl einen
sehr starken Bernhard Merl (Vierter der M50) knapp in Schach und lief
dabei in die Nähe seiner Bestleistung. Walter Kraus lief trotz
Rückenbeschwerden ein bravouröses Rennen und zog bei km 7
an Gerd Huber vorbei, der im Ziel über zwei Minuten zurücklag.
Schon vor dem Rennen klagte Gerd Huber über leichten Schüttelfrost.
Nicht im Vollbesitz seiner Kräfte erreichte Gerd in keiner Rennphase
Normalform, belegte aber trotzdem einen guten vierten Platz in seiner
Altersklasse M55.
Seine Ehefrau Lisa lief einen glänzenden Sieg in der W55 heraus.
Damit war die Familienehre ja gerettet. Und auch die nicht so ambitionierte
Tochter Angelika hatte ihr gestecktes Ziel „auf jeden Fall ankommen“
klar erreicht und machte im Ziel noch einen frischen Eindruck.
Charly Münzel fehlte noch die Tempohärte nach einer unlängst
überstandenen Magen-Darm-Virusinfektion und war mit seiner soliden
Leistung zufrieden. Georg Süß brachte auch wieder eine konstante
Leistung. Vater Bernhard war stolz auf seinen Filius.
Wie viel der Einzelne von der optisch schönen Strecke mitbekommen
hatte, ist nicht bekannt. Doch es war schon ein erhebendes Gefühl,
zu diesem Zeitpunkt in der Mitternachtsonne bei völliger Helligkeit
zu laufen. Die zahlreichen Zuschauer an der Strecke munterten die Läufer
mit „heja, heja“- Rufen auf und feuerten die Läufer
mit dem Vornamen an. Schade war das ausgedünnte Feld, obwohl auf
den letzten 10 km die beiden Felder Marathon und Halbmarathon zusammengeführt
wurden.
Nachdem die Teublitzer sich umgezogen hatten, wurde noch ein Gruppenfoto
mit Vereinsflagge geschossen. Ein Shuttle-Bus der Firma Travelstar traf
pünktlich ein und um kurz nach 1:00 Uhr war das Hotel wieder erreicht.
Für den Sonntag war Erholung angesagt. Kurzfristig entschloss man
sich, eine kombinierte Bus- und Schiffsreise in das Reiseprogramm mit
aufzunehmen. Dies zahlte sich wirklich aus.
Die Rundreise noch weiter nördlich begann um 16:00 Uhr am Busterminal
in Tromsoe. Von dort fuhren wir mit dem Bus nach Breivikeidet, wo wir
die Fähre über den Ullsfjord nach Svensby
nahmen. Von dort setzten wir die Fahrt nach Lyngseidet mit atemberaubenden
Ausblicken auf die majestätischen Lyngsalpen, einer der wildesten
Gebirgsregionen Norwegens fort. Die Landschaft ist bedeckt mit kleinen
Gletschern und Gebirgsspitzen bis zu einer Höhe von 2.000 m. Mit
einer weiteren Fähre überquerten wir den Langsfjord und einen
Teil des Kafjords, ehe wir Olderdalen erreichten. Auf der Straße
von Olderdalen nach Skjervoey konnten wir immer wieder kleine Siedlungen
erkennen und kurz vor Skjervoey fuhr unser Bus durch ein Unterwasser-Tunnel.
In Skjervoey wartete bereits das große über 700 Personen
fassende Passagierschiff „MS Polarlys“ auf uns. Es gehört
der bekannten „Hurtigruten“-Gesellschaft an. Drei Stunden
lang befanden wir uns jetzt auf einem Teil der schönsten Reiseroute
der Welt. Die Mitternachtsonne, der feine Nebel und der salzige Geruch
von Seeluft begleitete uns auf der Schiffsreise zurück in den Hafen
von Tromsoe, den wir genau um Mitternacht erreichten.
Am Montag nahmen wir an einer Walsafari teil. In einem nagelneuen Katamaran
der „Arcit Voyage“ stachen wir pünktlich um 16:00 Uhr
vom Treffpunkt Torghulen aus in See. Die Crew gab eine kurze Sicherheitseinweisung
und wies auch auf die mögliche Seekrankheit hin. Zunächst
verlief die Fahrt ruhig bis wir entlang einiger Fjorde hinaus ins offene
Meer kamen. Jetzt beschleunigte der Katamaran seine Fahrt und wurde
immer schneller. Dies führte zu teils heftigen schwankenden Bewegungen.
Einige unserer Laufgruppe nahmen im hinteren Teil des Speedbootes Platz,
weil man dort die Schwankungen nicht so spürte. Sie wollten damit
den Brechreiz bekämpfen.
Nach fast drei Stunden war das Walbeobachtungsgebiet erreicht.
Hier fiel die Meerestiefe von 160 m auf über 1000 m jäh ab.
Die Motoren des Bootes wurden jetzt abgeschaltet. Lautlos trieben wir
auf hoher See. Es herrschte eine ungewöhnliche Spannung. Fast alle
Insassen hatten sich auf dem Deck versammelt, die Kamera-objektive wurden
bereitgehalten. Weil die Wale nur kurz zum Luftholen auftauchen und
dann wieder 40 Minuten unter Wasser bleiben, ist die Phase des Identifizierens
nur eine ganz kurze. Man kann nur die Oberfläche des Wals und beim
Abtauchen die riesige Schwanzflosse erkennen. Die Garantie, in dieser
Zone Wale zu sehen, liegt bei 90 %. Außer einigen Seevögeln
rührte sich nichts. Gierig wie Voyeure starrten die Walbeobachter
auf das Meer, die Kamera stets schussbereit.
Nach vergeblichen Umkreisungen der Zone wollte das Boot schon abdrehen,
dann ein Schrei „Wal“ und tatsächlich sahen wir Umrisse
des größten Säugetieres der Welt. Der Bann war gebrochen
und wir konnten sogar noch drei bis vier weitere Wale aufspüren.
Auf dem Rückweg bestaunten wir auch noch den rasanten Flug eines
mächtigen Seeadlers, ehe wir um Mitternacht wieder in Tromsoe einliefen.
Eine Bergwanderung am vorletzten Tag – dies klang recht harmlos,
denn es war ja ein Guide dabei. Frode hieß er, war cirka Anfang
40, durch 68 Marathonläufe in 9 Jahren gestählt und eine smarter,
hilfsbereiter Norweger. Unser Berg, der „Store Blamann“
war
1044 m hoch, der Weg hinauf 4 km lang (store=groß).
Um 9:30 Uhr begann der Aufstieg auf Meereshöhe. Gut war, dass der
Berg total vom Nebel eingehüllt war, sonst hätten einige von
uns schon beim Abmarsch kapituliert. Nur das erste Drittel der Strecke
war nicht so schwierig, doch dann war es kein Wandern mehr, sondern
nur noch Klettern. Die Felsbrocken wurden immer größer.
Als auch noch gefährliche Schneefelder überquert werden mussten,
ging es für zwei von uns und wenig später für einen US-Amerikaner
nicht mehr weiter. Bei ihnen machte sich Höhenangst breit.
Nach kräftezehrendem Kampf von vier Stunden, bei denen alle vier
Extremitäten pausenlos im Einsatz waren, war der Gipfel endlich
für den Rest der Gruppe erreicht. Die Wolken waren aufgerissen
und wir wurden für unsere Mühen reichlich belohnt. Es bot
sich ein fantastischer Blick hinunter auf die Region um Tromsoe, auf
die umliegenden schneebedeckten Berge und das Meer, wie man ihn sonst
nur vom Flugzeug aus kennt.
Nach einer Stärkung folgte der nicht leichte Abstieg. Auch hier
musste jeder Tritt sicher gesetzt werden. Die zurückgelassenen
Kollegen wurden wieder aufgesammelt. Nach drei Stunden war unser Kleinbus
wieder erreicht. Für die meisten von uns war es die schwerste Bergtour
überhaupt, eine absolut abenteuerliche Kletterpartie gewesen.
Am späten Vormittag des Mittwoch hieß es dann Abschied nehmen.
Die Boeing 737-300 der Norwegian Airlines brachte uns in ruhigem Flug
zurück nach Oslo Gardermoen. Nach mehrstündigem Aufenthalt
flogen wir mit Lufthansa nach Deutschland weiter. Über Süddeutschland
und besonders über dem Erdinger Moos aber hatte sich ein gewaltiges
Unwetter zusammengebraut, das Kapitän Gaidus erst umflog und er
sich dann in eine Warteschleife einreihte. Doch der Flugsicherheitsdienst
verbot alle Starts und Landungen in München zu diesem Zeitpunkt.
Nachdem der Sprit knapp wurde, mussten wir auf den Stuttgarter Flughafen
ausweichen. Nach einer weiteren Wartezeit dort von einer Stunde, die
Gewitterstürme hatten sich inzwischen gelegt, flogen wir nach München
zurück. Genau um 23:30 Uhr landete unsere Maschine mit ziemlich
genervten Passagieren. Unsere Reise war doch noch glücklich zu
Ende gegangen.
Mein persönliches Fazit lautet: Norwegen ist zwar ein sehr teures
Land, aber allemal eine Reise wert.
So viele vielfältige Eindrücke, eine Intensität von Aktivitäten
und
abenteuerlichen Begebenheiten in einer Woche haben ich selten erlebt.
Für die gute Organisation und Leitung möchte ich mich stellvertretend
für alle ganz herzlich beim Bernhard bedanken.
Diese Reise wird als „Merls Abenteuerreise“ in die Geschichte
des LT Teublitz eingehen. Eine Steigerung ist wohl nicht mehr möglich.
von
Charly Münzel
|